…or the personal must be(come) political.
In ihrem ersten Buch reflektiert Şeyda Kurt, die als Journalist*in über Kultur, Politik und intersektionalen Feminismus schreibt, anti-rassistische und feministische Diskussionen über Liebe und wie sich diese auf ihre Beziehungen übertragen. Kurt kommt gebürtig aus Köln und lebt heute in Berlin, doch ihr Erfahrungshorizont und ihre Prägung ziehen sich weit über Deutschland hinaus. Als Kind aus einer Arbeiterfamilie, deren Wurzeln in der Türkei liegen, ist die Perspektive der Autor*in vor allem die einer queeren person of color (we love to see it). Im ersten Teil setzt Sie sich mit dem Begriff „Liebe“ auseinander, den sie als „vorbelastet“ bezeichnet. Im zweiten Teil plädiert Sie dann für mehr Zärtlichkeit indem wir unsere Begegnungen und unser Handeln im Umgang miteinander überdenken.
heteronormativer, romantischer Liebe und daran wie diese als Deckmantel für Gewalt an Menschen und zum Erhalt der bestehenden gesellschaftlichen Machtstrukturen verwendet wird. Unterteilt in neun Abschnitte und diverse Unterkapitel arbeitet Kurt verschiedene Themenbereiche im Zusammenhang mit dem Überthema „Love in a modern world“ auf. Mal geht es um die einstige Liebe zwischen ihren Eltern und die Auswirkung derer auf ihr eigenes, ursprüngliches Verständnis von Liebe.
Mal gibt es eine alphabetische Auflistung an Schlagworten im Zusammenhang mit Kurt’s proposal für Radikale Zärtlichkeit. Am Ende steht jedoch ein Plädoyer für Solidarität, nicht nur mit den Menschen, die uns nahestehen (Freund*innen und Partner*innen). Wenn „[…] das Private politisch ist […]“, dann bedeutet das auch, dass wir unsere Verantwortung für Veränderungen nicht einfach auf unser direktes Umfeld beschränken können. Dass wir nicht einfach die Augen vor den Ungerechtigkeiten, die marginalisierte Menschen erfahren, verschließen können.
Am Ende steht jedoch ein Plädoyer für Solidarität, nicht nur mit den Menschen, die uns nahestehen.
Alle Teilnehmer*innen des ersten BoOk cLuBs (it’s ironic because it’s not a club) kommen aus “der“ deutschsprachigen kinky-Twitter-Bubble. Entsprechend war die Quote an Menschen, die in irgendeiner Form queer oder zumindest Beziehungsmodelle abseits der gesellschaftlichen Norm leben sehr hoch. Das Feedback aus der Gruppe für das Buch fiel sehr positiv aus. Während ich vor allem über die inhärente history of migration Zugang zum Text fand, waren viele vom klaren Perspektivwechsel angetan, der Möglichkeit, Einblick in ein Leben außerhalb ihrer weißen Lebenswelt zu erhalten.
In der Runde ging es verstärkt um Privilegien, Polyamorie und die politischen Dimensionen des Privaten. Ein relativ großer Diskussionspunkt in der Gruppe war, inwiefern nicht-monogame Menschen auf eine Utopie hinarbeiten können. Einige sahen Veränderungen im engeren Kreis und hatten in diesem Zusammenhang kein Bedürfnis, das eigene Umfeld stärker als nötig zu involvieren. Andere hingegen waren überzeugt, dass gesamtgesellschaftliche Veränderungen nur möglich sind, wenn wir unser Umfeld involvieren, ihm die Arbeit aufbürden, sich mit Themen abseits der Norm auseinanderzusetzen.
FAZIT: Wenn sie über die Auswirkungen ihrer familiären Migrationsgeschichte auf die Liebesbeziehung ihrer Eltern, oder die Darstellung von romantischer Liebe in einem türkischen Spielfilm der 80er/90er Jahre schreibt, dann ist das ein Perspektivenwechsel, der einem deutlich macht, dass diese Geschichten eine enorme Bereicherung sind. Dass das Buch zwischenzeitlich auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand, spricht auch dafür, dass dieses Bewusstsein eine Chance darauf hat, immer weiter in den Mainstream zu rücken. Hoffen, können wir ja.